Gedanken über das Misslingen von Projekten

BBA - Akademie der Immobilienwirtschaft e. V., Berlin

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Aufgrund meiner einschlägigen Erfahrungen in über fünfzig Jahren haupt- und ehrenamtlichen Arbeit im Katastrophenschutz stelle ich folgende zehn Punkte zur Diskussion:

Projekte scheitern, wenn das Ziel unklar ist
Es kostet viel Mühe, das eigentliche Ziel klar zu beschreiben. Solange dies unklar ist, sollte kein Projekt starten. Allerdings hängt die Qualität von Projektergebnissen grundsätzlich nicht vom Umfang der Lastenhefte, der Pflichtenhefte und der Feinziel-Beschreibungen ab – deren Erstellung kostet Ressourcen, die häufig in keinem Verhältnis zum Projekt stehen.

Projekte scheitern, wenn Aufgaben und Verantwortlichkeiten unklar sind
Detaillierte Zuständigkeiten erzeugen häufig nur eine scheinbare Transparenz. Zu starke „Verästelungen“ ermöglichen die „Verantwortungsdiffussion“. Es muss also klar sein, welche Person die Ergebnisverantwortung trägt. Die „Mitzeichnungsleiste“ sollte idealerweise nicht mehr als „eine Handvoll“ Stellen umfassen. Diese müssen das Projektziel mit verfolgen.

Projekte scheitern, wenn der Weg nicht funktionieren kann
Erfahrene Planer müssen beim Start eines Projektes den Projektverlauf grob skizzieren und festhalten. Sofern eklatante Abweichungen (insbesondere bei Fristen und Kosten) erkennbar sind, muss logisch und konsequent gehandelt werden. Im Zweifelsfall muss „die Reisleine gezogen werden“.

Immer wieder werden einschlägige Erfahrungen (eigene oder Anderer) nicht berücksichtigt. Sie sind unbekannt oder werden nicht hinreichend gewürdigt („ErkenntnisIgnoranz“).

Erschreckend ist auch die Geschwindigkeit des Vergessens („Erfahrungsdemenz“): häufig ist nach einem Jahr die Hälfte vergessen, nach einem Jahr nahezu alles. Aktuelle Beispiele sind Unwetter und Corona.

Projekte scheitern, wenn die erforderlichen Ressourcen fehlen
Planung und Umsetzung eines jeden Projektes kosten Zeit und Geld, meistens auch geschultes (zusätzliches) Personal. Hier wird gerne „tiefgestapelt“, um ein Projekt besser „an den Start zu bringen“.

Projekte scheitern, wenn nach dem Start Änderungen erfolgen
Bekanntes Beispiel ist der Flughafen BER. U.a. musste nachträglich die Abfertigung des Airbusses A380 bzw. der Boeing 747 eingeplant werden. Schließlich stand fest, dass diese Großflugzeuge BER nie anfliegen werden.

Projekte scheitern, wenn das Team falsch zusammengesetzt ist
Das ideale Team ist heterogen (interdisziplinär, Männer/Frauen, Erfahre/Neulinge) zusammengesetzt. Diese müssen selbstbewusst, aber teamfähig sein. Ein erfolgreiches Team besteht aus fünf bis neun Personen mit einem Teamleader.

Projekte scheitern, wenn Zusammenhänge nicht beachtet werden („Prinzip der kommunizierenden Röhren“)
Gute Planer haben stets den „360°-Blick“. So müssen Belange des Klimaschutzes, der Energieeffizienz sowie rechtliche Belange (Datenschutz, Genehmigungsverfahren) stets von Anfang an mit bedacht werden. Juristischer Sachverstand wird immer wieder als störend empfunden, obwohl er helfen könnte, „Klippen zu umschiffen“.

Projekte scheitern, wenn es an Vertrauen mangelt
Erforderlich ist das interne sowie das externe Vertrauen (auch das öffentliche!). Dies muss erarbeitet werden. Es kann schnell beschädigt werden. Dann kommt es – insbesondere bei Projekten der öffentlichen Hand – zum öffentlichen Anprangern des (vermeintlich) Schuldigen.

Projekte scheitern, wenn sie losgelöst von der „Linie“ arbeiten
Sofern es gute Gründe gibt, eine Aufgabe nicht „in der Linie“ sondern als „Projekt“ zu erledigen, muss „die Linie“ dennoch so eng wie möglich eingebunden werden. Sie muss zumindest gut informiert werden. Die Kommunikation spielt also eine entscheidende Rolle. Spätestens die Umsetzung des Projektes ist stets eine Linien-Aufgabe, die auf Akzeptanz stoßen muss.

Aus Fehlschlägen müssen Konsequenzen gezogen werden
Das Lernen aus Fehlschlägen und Erfolgen erfolgt viel zu selten, zu unsystematisch und zu „unehrlich“. Dagegen wird – auch unter Druck der Öffentlichkeit – viel Energie für die Suche nach „den Schuldigen“ verwendet. Das liegt u.a. an einer schlechten Fehler-Kultur in Deutschland.