Im Gespräch

Maya Rosenkranz

BBA - Akademie der Immobilienwirtschaft e. V., Berlin

Hauptstraße 78/7912159 BerlinT 030 23 08 55-0F

Ein Blick hinter die Kulissen der BBA-Berufsschule: Unterricht mit Zuschaltung - eine der größten Herausforderungen in 2020. Wir haben unsere Lehrerin Maya Rosenkranz dazu befragt.

Frau Rosenkranz, seit dem Schulstart nach den Sommerferien 2020 unterrichtet die BBA ihre angehenden Immobilienkaufleute in Präsenz mit Zuschaltung. Wie lief der Re-Start?

Das war für uns zu Beginn des Schuljahres eine kleine Überraschung, nachdem wir uns darauf gefreut hatten, nach den Ferien und der zuvor langen Zeit im Homeoffice endlich wieder in Präsenz auf die Schüler*innen zu treffen. Und es war auch mit einem Zögern verbunden. Letztlich waren die Auszubildenden im 2. und 3. Lehrjahr und wir Lehrer*innen ja zum Großteil bereits an das Unterrichten in MS Teams gewöhnt. Wir hatten jedoch die Befürchtung, dass wir die neuen Klassen damit überfordern. Sie hatten ja noch keine Möglichkeit, sich alle in Präsenz kennen zu lernen, Klassenverbunde zu schließen, in denen man sich unterstützen kann und konnten ja auch noch kein Vertrauen zu den Lehrkräften aufbauen, um gegebenenfalls auftretende Schwierigkeiten zu melden und um Unterstützung zu bitten. Auch hatten wir Sorge, dass wir bei der Halbierung der Klassen nicht allen Schüler*innen die notwenige Aufmerksamkeit zukommen lassen können. Und dann war da noch zusätzliche Technik zu bedienen und der Unterricht ein weiteres Mal umzustrukturieren… Dank der Unterstützung, die wir von allen Seiten erhalten haben und dem Engagement der Schüler*innen, die uns liebevoll daran erinnern, wenn wir nicht deutlich sprechen, spontan aus dem Bild verschwinden oder die Zugeschalteten „vergessen“, sind wir nun alle zusammen ein eingespieltes Team geworden, denke ich. Das ist eine schöne Erfahrung.

Was bedeutet das neue Unterrichtskonzept für die Unterrichtsvorbereitung, entsteht ein Mehraufwand? Wie organisieren Sie sich in diesen Zeiten?

Neues hat ja meistens - zumindest vorübergehend - einen Mehraufwand zur Folge, denn es fehlt die Routine. Dies wiederum hält uns wach und flexibel. Der Unterricht mit Zuschaltung beinhaltet darüber hinaus zusätzliche Schritte in der Vorbereitung, da Unterrichtsmaterial zusätzlich online zur Verfügung gestellt werden muss. Dafür müssen die Aufgaben zum Teil anders gestaltet werden, um sie interessant zu halten. Letztlich wird sich das aber auch einspielen. Ich denke, da hilft das alte Sprichwort: Üben, üben, üben... Das dadurch für alle Schüler*innen zusätzlich entstehende digitale Angebot an Unterrichtsmaterial wird von vielen auch gern angenommen, da es überall spontan abrufbar ist.

Mitarbeit im Unterricht – hat sich hier etwas geändert?

Ich würde sagen, die Mitarbeit hat sich verändert und ändert sich auch wieder zurück. Die Mitarbeit über Zuschaltung aus einem anderen Raum, als dem Klassenraum, bedeutet höchste Disziplin und verlockt auch, am Freitagnachmittag persönlich abzuschalten, während der Laptop noch zugeschaltet ist. Letztlich bemerken die Schüler*innen aber auch die Konsequenz, dass damit Unterrichtsstoff verloren geht und dann kommen sie zurück und bringen sich wieder in den Unterricht ein. Insgesamt können wir unseren Schüler*innen für ihr Engagement an dieser Stelle ein großes Lob und Dankeschön aussprechen.

Wie oft tauschen Sie sich mit Ihren Kolleg*innen aus und machen Sie das digital oder in der BBA? Erfordert die besondere Situation eine tägliche Neubewertung des Konzepts?

Es zeichnet unsere Schule vielleicht aus, dass wir uns nicht nur im Kollegium, sondern auch mit unserer Schulleiterin, Frau Hillenbrand, nahezu täglich sowohl im Lehrerzimmer als auch digital austauschen und uns gegenseitig unterstützen. Das gibt Sicherheit bei der Beantwortung der neu auftretenden Fragestellungen, aber auch das Gefühl von Gemeinsamkeit und damit immer wieder neuen Schwung. Eine tägliche Neubewertung des Konzepts würde ich nicht für erforderlich halten, angesichts der neuen Wege, die wir gehen. Genau das war ja das Ziel: Einen Unterricht zu organisieren, der nicht alle zwei Tage zu planen ist, sondern stabil läuft. Wir justieren eher nach, wenn wir merken, manches könnte noch besser funktionieren oder wenn Änderungsbedarf bei den Schüler*innen oder auf Grund neuer öffentlicher Vorgaben entsteht.

Kann man bereits eine Zwischenbilanz ziehen, ob dieses Unterrichtsmodell nachhaltig funktionieren kann? Was läuft gut und wo sehen Sie Optimierungsbedarf?

Ich denke, diese Frage werden viele unterschiedlich beantworten, auch im Hinblick auf persönliche Prioritäten beim Unterrichten. In der Evaluation unter unseren Schüler*innen hatten einige nur gute Worte, andere haben deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich wieder „normalen“ Unterricht wünschen. Gleichzeitig ist mit über 90 % fast allen Schüler*innen der verantwortungsvolle Umgang mit der Infektionssituation wichtig und nur 9 % wollen Präsenzunterricht in Zeiten der Pandemie. Die Mitarbeit in der Zuschaltung erfordert ein höchstes Maß an Selbstdisziplin und selbst wenn man sich noch so bemüht, ist man von außen häufig anderen Ablenkungen ausgesetzt, als wenn man im Klassenzimmer arbeitet. Auch sind einige Unterrichtsmethoden, wie Rollenspiele, nicht wie gewohnt umzusetzen. Persönlich finde ich, diese Erfahrungen stehen dem Unterricht in Zuschaltung nicht entgegen. Vielmehr geben sie uns Aufgaben für die Weiterentwicklung des Unterrichts. Diese Art der Kommunikation und des Unterrichtens gibt uns ja auch ungewohnte Freiheiten, die uns helfen, nicht nur Pandemien zu überstehen, sondern auch im Alltag Entfernungen zu überwinden und zeitsparend miteinander zu kommunizieren. Zum Beispiel hat letzte Woche ein Schüler direkt nach dem Unterricht aus dem Klassenraum heraus ein Zoom-Meeting mit Geschäftspartner*innen aus Singapur geführt. Wir haben inzwischen fast täglich Besprechungen mit Schüler*innen, die gerade im Unternehmen arbeiten, sodass wir uns kurzfristig über MS Teams zusammenschalten. Das wäre ohne den Einsatz digitaler Technik nicht denkbar und ich empfinde es für uns alle als einen großen Vorteil, dass wir in unserem Alltag mit dem Fortschritt gehen und die „Moderne“ üben. Unsere Zeiten werden zunehmend digitaler und warum sollten wir es nicht auch?

Optimierungsmöglichkeiten und Bedarf gibt es aus meiner Sicht langfristig bei der Technik. Gut war von Anfang an, dass wir unsere Laptops mit den Smartboards verbinden können, sodass alle Schüler*innen live dabei sind und letztlich auch Lehrkräfte von außerhalb aus unterrichten, z. B. bei Risikopersonen. Wir haben dann außerdem Boxen eingesetzt, die ermöglichen, dass sich die Schüler*innen im Klassenraum und außerhalb besser verstehen. So können wir freier kommunizieren. Unsere Schüler*innen haben uns nun Mikros und Kameras empfohlen, die uns Lehrkräften ermöglichen, uns frei im Klassenraum zu bewegen und trotzdem vollständig nach außen schalten. Solche technischen Mittel unterstützen auch z. B. bei gemeinsamen Vorträgen und ähnlichen Unterrichtsmethoden. Die Unterrichtsgestaltung wird neu diskutiert und erarbeitet, hier optimieren wir uns nahezu täglich, unterstützt von den Schüler*innen. Es zeigt sich auch hier, dass unser Kollegium sehr gut zusammenarbeitet, sodass wir neue Ideen teilen und gemeinsam weiterentwickeln. Das motiviert sehr.

Insofern denke ich, dass dieses Unterrichtsmodell durchaus durch eine Situation, wie wir sie aktuell haben, trägt. Was davon nach der Pandemie bleiben wird, bleibt abzuwarten. Hier spielen ja vor allem die Schulgesetze der Länder eine Rolle.

Welche Tipps und Tricks würden Sie Teilnehmer*innen einer Onlinevorlesung geben und gibt es NO GOs?

So banal es klingt, würde ich den alten Theaterrat weiterempfehlen: Gebt den Schauspielern, hier den Lehrkräften, die ersten 15 Minuten die Chance, euch zu begeistern! Die Aufmerksamkeit am Anfang ist besonders wichtig, um den roten Faden aufzunehmen und zu behalten. Ist man erstmal dabei, fällt es leichter und man merkt, der Unterricht ist vielleicht doch spannender, als man am Anfang befürchtete. NO GOs? Nun ja, das Mikrofon nicht abzuschalten, wenn man sich privat beschäftigt…